Henri Deparade- Statement





Zunächst ging es mir formal
darum, den Dualismus von Figur und Grund aufzuheben. Bildraum und Figuren
durchdringen sich gegenseitig. Indem ich jedes entschiedene
Figur-Grund-Verhältnis auflöse, komme ich meiner Intention nahe, Figur und Raum
so miteinander zu verschmelzen, dass die Figuren ihre Lokalfarbigkeit und damit
ihr Gewicht verlieren. Das heißt sie erscheinen transparent, in gewisser Weise
bewegt und mehrdeutig. Umso entschiedener können die zeichnerischen und
malerischen Setzungen eines teilweise kalkulierten und eines teilweise
spontanen Malduktus als autonome Strukturen ins Wirkungsfeld des Bildes treten.
Damit öffnet sich der Raum für multifokale, sich überschneidende Assoziationen
für den Maler wie für den Interpreten. Indem man eine narrative Struktur
zugunsten einer assoziativen Freiheit auflöst, kann es gelingen, den
Rezipienten als Interpreten ernst zu nehmen. Zeit- und Raumachsen relativieren
sich. In der malerischen Verwirklichungsform gibt es eine inhaltliche
Erweiterung; so verschiebt sich das Gewicht vom "Realitätssinn" zum
"Möglichkeitssinn".



Wichtig ist, dass bei einer
solchen Bildkomposition die sinnliche Ausstrahlung in einem anderen
"Aggregatzustand" zum Vorschein kommt. Damit ist für mich vielleicht schon ein veränderter Begriff von
Sinnlichkeit in der Malerei verbunden. Nicht mehr Illusionsräume,
Farbperspektiven, Stofflichkeiten, so beispielsweise der Glanz der menschlichen
Haut, wie sie selbst noch beim späten Corinth, bei Rouault, bei Heisig, bei
Auerbach und bei Kossoff in Erscheinung
treten, liegen innerhalb meiner malerischen Intention. Explizit bekenne ich
mich zum Vorrang einer Sinnlichkeit der reinen malerischen Farbfläche und der
gezeichneten Linie. Hier investiere ich mit Entschiedenheit die Kraft meines
malerischen Vortrags. Meine Figuren sind somit nicht mehr unmittelbar zu
bewerten. Sie sind zu einem Teil der malerischen Vermittlung, das heißt zum
Teil einer spezifischen Sprache aus Bildzeichen geworden.





Henri Deparade




 
 
 
 
Henri Deparade: Marsyas III, 2012, Ölfarbe a. Lwand, 220 x 180 cm
Marsyas III, 2012, Ölfarbe a. Lwand, 220 x 180 cm
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