Zeichner haben es schwer, wenn sie nicht in Illustration, Karikatur oder andere angewandte Formen ihres Metiers ausweichen. Hans Friedrich Uwe Schein, Zeichner aus Heidenheim, der in den 70er Jahren an der Hochschule der Künste in Berlin studierte und seit 1998 in Nürnberg lebt, tut nichts dergleichen. Für ihn ist die Federzeichnung die autonome Ausdrucksform. Seine Einzige.
Scheins Bilder entstehen aus der Handschrift, die sich zugleich mit ihnen entwickelt. Die Feder, die über das Papier gleitet, ist ein Zeichengenerator, sie bringt einen Kosmos von Zeichen hervor, aus denen die Bildordnung entsteht. Dabei spielt es im Grunde keine Rolle, ob das Ergebnis gegenständlich oder abstrakt ist. Die Handschrift ist nie abstrakt, weil sie charakteristische Zeichen setzt, die auf ihren Erfinder verweisen.
Für Scheins Zeichenwelt ist das Entstehen der Bildordnungen thematisch: eine bewegliche Ordnung. Die Handschrift füllt das leere Blatt mit Zeichen, während die Zeit vergeht. Die Hand ist ständig in Bewegung und bringt eine chaotische Zeichenfülle hervor, in der im Rhythmus von Neuansatz und Repitition der Vorschein von Ordnung sichtbar wird. Schein spielt gern mit seinem Namen, der ja auch der Zentralbegriff aller Ästhetik ist.
"Geordnetes Chaos" nennt er eine monumentale Bildserie, und verweist damit auf das ursprüngliche Paradoxon des Schöpfungsaktes einer Ordnung aus dem Ungeordneten. Man muss die metaphysische Anspielung nicht unbedingt beim Wort nehmen. Nach dem zweiten Hauptsatz der Thermodynamik, der auch schon 150 Jahre alt ist, ist das Chaos der Rückfall und Stillstand, der Zerfall der Ordnung als Folge des Ausgleichs der Kräfte, des Energieverlustes.
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